Fliegen mit COPD Gold Stadium IV / Emphysem (1)

Bereits im Jahr 2002 wurde bei mir COPD Gold IV mit ausgeprägtem Emphysem diagnostiziert. Damals hatte ich noch einen FEV1 von 25 - 30 %. Trotzdem, oder gerade deshalb, begann ich ab 2004 regelmässig die Wintermonate in Thailand zu verbringen. Anfänglich war das noch ohne Probleme möglich, wenn auch ziemlich anstrengend, reiste ich doch immer alleine. Sicherlich hatte ich während meines Aufenthaltes hin und wieder Probleme mit meinen Lungen, sei es wegen eines Infektes oder weil ich mich übernommen hatte. Die medizinische Versorgung ist gut in Thailand und wie man sieht, ich lebe noch. - Solche Zwischenfälle können auch in der Heimat auftreten.
2004, Nach Erstickungsanfall sechs Tage intubiert im Koma auf ICU liegend.
und danach

Infolge mehrerer  starken Exazerbationen in den Jahren von 2005 - 2007 verschlechterte sich mein Zustand zunehmends. Mehrmals lag ich intubiert auf der Intensivstation. Einmal war ich sogar eine Woche ohne Bewusstsein. Als ich anfangs Mai 2007 von Thailand nach Hause reiste war es mir nicht mehr wohl. Erstmals spürte ich beim Fliegen einen Druck auf der Brust mit Engegefühl und Atemnot.  Im Herbst 2007 erbrachten die Untersuchungswerte noch Erstsekundenvolum (FEV1) von 17,8 % und Diffusionskapazität  (DLCO) von ca. 20 %. Vom Fliegen wurde mir jetzt dringend abgeraten. Meine Freunde in Thailand waren aber während meiner Krankheit zum Lebensinhalt geworden und ich konnte es mir nicht vorstellen sie nicht mehr besuchen zu können. - Im November 2007 wurde ich erstmals operiert, was ich in einem Post beschrieben habe: http://tomreinacher.blogspot.com/2008/01/meine-thorakoskopische.html
Bereits im Februar 2008 reiste ich wieder für 3 Monate nach Thailand. Zu diesem Zeitpunkt lag mein FEV1 bei 21,25 %  mit einer Diffusion von rund 30 %. Auf dem Flug hatte ich überhaupt keine Probleme, konnte auch aufstehen und zur Toilette gehen.
In den letzten Jahren verbrachte ich Stunden im Internet auf der Suche nach Informationen betreffend Fliegen mit COPD und Emphysem. Leider findet sich wenig Material, welches sich auf die eigene Situation anwenden liesse. Oft wird man als Emphysematiker global als fluguntauglich eingestuft. - Wenn der allgemeine Gesundheitszustand gut ist und die Krankheit stabil ist (keine kürzlichen Exazerbationen) kann man auch mit COPD und Emphysem noch lange problemlos reisen. Emphysemblasen, welche sich am Lungenrand befinden und auf dem Thorax-Röntgen sichtbar sind stellen ein erhöhtes Risiko dar einen Pneumothorax zu erleiden (Druckausgleich). Sieht man auf dem Röntgenbild nichts, ist das Risiko für einen Pneumothorax nicht höher als für einen Spontan-Pneumothorax, vor welchem niemand sicher ist. Wer schon in frühem Stadium (Gold II oder III) eine Sauerstoffbehandlung braucht, ist auf dem Flug sowieso darauf angewiesen. Komischerweise konnte man mir nicht erklären, weshalb meine Sauerstoffwerte "normal" sind, trotz der tiefen Diffusionswerte.
Trotz dessen, dass sich mein Zustand innerhalb von weniger als 2 Jahren nach der ersten Operation wieder verschlechtert hatte, hat sich der Eingriff für mich gelohnt. Auch im folgenden Jahr, also im Winter 2008/09 konnte ich nach Thailand fliegen. Ohne OP wäre dies nicht möglich gewesen. - Gegen Herbst 2009 verschlechterte sich mein Zustand weiter und man plante für September 2009 eine Re-Operation, in welcher man den rechten Oberlappen (Lobektomie) entfernte: http://tomreinacher.blogspot.com/2009/11/lobektomie-des-rechten.html
Der Eingriff schien wenig erfolgreich zu sein. So sah ich es für lange Zeit. Schon nach wenigen Metern Gehen bekam ich Atemnot und war erschöpft. Dieser Zustand dauerte  über ein dreiviertel Jahr. In dieser Zeit wurden auch sämtliche Untersuchungen für eine Lungentransplantation durchgeführt. Zu den Terminen musste ich mit dem Rollstuhl abgeholt werden. - Die geplante Reise nach Thailand 2009/10 konnte ich vergessen. - Gegen Ende des Jahres 2010 wurde es plötzlich besser. Ein Blick auf die Lungenfunktionswerte zeiget zwar eine Abnahme des FEV1 von 21,5 % im Oktober 2009 auf 20 % im November 2010, resp. 19,6 % im April 2011, doch einen Anstieg der DLCO-Werte von 25 % im Oktober 2009 auf 32,5 % im November 2010 und 33,7 % im April 2011 und bei den PaO2-Werten von 9,3 kPa im Oktober 2009 auf 10,6 kPa im November 2010 seither etwas abgenommen auf 10,2 kPa im April 2011.
Im Dezember flog ich dann doch wieder für 3 Monate nach Thailand. Erstmals aber mit Sauerstoffunterstützung. Die Hochrechnung ergab einen Abfall des PaO2 Wertes auf  rund 43 mm/Hg in 2500 m.ü.M (Flughöhe ca. 10 km). Das Limit liegt bei 50 mm/Hg, resp. 55 mm/Hg auf Langstreckenflügen. - Ein Risiko besteht natürlich immer, aber ist Leben nicht Risiko? Auch für den nächsten Winter habe ich schon wieder eine Reise nach Thailand geplant.


Bild: Antritt der Heimreise, Flughafen Udon Thani, Thailand März 2011