Mit einem Nichteintretensentscheid urteilte das Verwaltungsgericht am 11.06.2019. Dennoch äusserte es sich zum Sachverhalt wie folgt:
1.2. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die gegen dessen Willen erfolgte Platzierung des Beschwerdeführers im Schulheim Klosterfiechten. Diese wurde zunächst mit einer von den Eltern des Beschwerdeführers einerseits und von einem Vertreter des Sozialpädagogischen Dienstes der Schulen des Kantons Basel-Stadt, dem Vorsteher der Vormundschaftsbehörde und einer Mitarbeiterin der Koordinationsstelle für Alkohol- und Drogenfragen andererseits unterzeichneten Vereinbarung vom 26.09.1981 verabredet. Die Vormundschaftsbehörde stimmte vom 26.10.1981 gestützt auf §§ 35 und 43 des damaligen Gesetz über die Vormundschaftsbehörde und den behördlichen Jugendschutz (VBG) der Unterbringung zu Gemäss § 43 Abs 1 VBG konnten Eltern, die ihr Kind für versorgungsbedürftig erachteten […] das Jugendamt um dessen Unterbringung in einer Familie oder Anstalt ersuchen. Das Amt hatte dann den Sachverhalt festzustellen und den Unmündigen anzuhören. Es regelte die Unterbringung des Kindes nach den Anträgen der Eltern, soweit die Anträge der Eltern mit dem Wohle des Kindes vereinbar waren. Fehlte eine Zustimmung der Eltern oder verlangte es der zu versorgende Jugendliche, so war die Sache dem Jugendrat zur Entscheidung vorzulegen. Die Beschwerde richtet sich somit gegen eine Verfügung der Vormundschaftsbehörde als Vorgängerin der heutigen KESB.
Kommentar und Rechtsvergleich: Gemäss geltendem Vertragsrecht müssen Vereinbarungen (=Verträge) sich auf gegenseitigen übereinstimmenden Willensäusserungen stützen. Dass die Unterbringung auf eine solche Willensäusserung basiert muss verneint werden. Wäre ein Begehren der Eltern - und das war Grundvoraussetzung für die Anwendung von § 43 VBG - vorhanden gewesen, warum musste man dann annehmen, die Eltern könnten das Kind wieder aus dem Heim nehmen. Das ist ein Widerspruch. Per Vertrag auf die Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrecht zu verzichten, bzw. dieses den Behörden zu überlassen ist absurd und nur unter Anwendung von Art. 310 ZGB möglich. Diese Vereinbarung war gemäss Art. 20 OR und Art. 2 ZGB nichtig. So lag überhaupt keine Begehren der Eltern vor. Es gibt keine Protokolle oder Aktennotizen, aus welchen solch ein Sachverhalt hervorgeht. Es geht aber aus Berichten hervor, dass es das Bestreben des sich damit befassenden Sozialarbeiters war. Mir selbst wurde kein rechtliches Gehör geschenkt. Die Formulierung des § 43 ist nicht so im Gesetz, sondern:
"§ 43. Eltern, die ihr Kind für versorgungsbedürftig erachten, können das Jugendamt um dessen Unterbringung in einer Familie oder Anstalt ersuchen. Das Amt prüft den Sachverhalt und hört den Unmündigen an.
2 Das Amt regelt die Unterbringung des Kindes nach den Anträgen der Eltern, soweit diese mit dem Wohle des Kindes vereinbar sind; stimmen die Eltern seinen Vorschlägen nicht zu oder verlangt es der zu versorgende Jugendliche, so ist die Sache dem Jugendrat zur Entscheidung vorzulegen. Das Amt hat, wenn nötig, den Eltern Kostenbeiträge zu vermitteln und kann nach § 19 Staatsbeiträge gewähren".
Weder haben die Eltern Anträge gestellt noch war es zum Wohle des Kindes. Anträge sind rechtlich gesehen immer einseitige Handlungen. Gemäss § 43 musste das Begehren der Eltern vorliegen und nicht jenes der Behörde. Eine Zustimmung einer behördlichen Unterbringung nach § 43 entspricht einem Rechtsmissbrauch. Diesen Jugendrat stellte man damals so dar, dass mit einem Entscheid das Sorgerecht entzogen würde. Dies ist natürlich blödsinnig, denn der Rat bestand aus drei voneinander unabhängigen Personen und war zum Schutz von willkürlichem Handeln gedacht. Der Jugendrat hätte niemals einen solchen Entscheid getroffen, nachdem eine psychiatrische Abklärung zum Schluss gekommen war, dass es nicht zum Wohle des Kindes ist.
1.3. Beschwerden sind innert gesetzlicher Frist zu erheben. Diese ist im Fall der Verfügung der Vormundschaftsbehörde vom 26.10.1981 längst abgelaufen, so dass auf die Beschwerde vom 02.07.1981 nicht eingetreten werden kann.
1.4. Die Verfügung der Vormundschaftsbehörde ist nicht angefochten worden, sodass auch kein revisionsfähiges Urteil des Verwaltungsgerichts vorliegen kann. Daraus folgt, dass das Verwaltungsgericht zur Beurteilung der Eingabe des Beschwerdeführers, soweit darin ein Revisionsgesuch zu sehen ist, nicht zuständig ist. Auch insofern kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.
Kommentar: Es war keine Rechtsmittelbelehrung vorhanden, weshalb die Eltern, welche nicht rechtskundig waren und nicht verstanden hatten, dass sie sich beschweren konnten dies nicht taten. Aus einem formeller Fehler darf den Betroffenen kein Nachteil entstehen und eine Verfügung bleibt anfechtbar. Es ist also nicht so, dass man auf das Rechtsmittel verzichtet hatte, sondern man wusste nicht, dass man eines hatte. Vor 40 Jahren stellte man das Handeln der Behörden weniger in Frage als heute. Man glaubte ihnen.
2.1. Selbst wenn die Beschwerde fristgerecht bei der zuständigen Behörde eingereicht wäre, stellte sich die Frage, ob auf das Feststellungsbegehren eingetreten werden könnte.
Für das Eintreten auf ein Feststellungsbegehren bedarf es gemäss § 13 Abs. 1 VRPG eines schutzwürdigen Interesses […] Dies ist nach der Praxis dann der Fall, wenn die Anfechtung für die rekurrierende Partei sowohl beim Einreichen des Rekurses als auch im Zeitpunkt der Urteilsfällung eine praktische Bedeutung hat und die Gutheissung ihres Rechtsmittels ihr einen gegenwärtigen und praktischen Nutzen einträgt in dem Sinn, dass dadurch der Eintritt eines wirtschaftlichen, ideellen, materiellen oder anderen Nachteils verhindert wird. Ein solches Interesse kann dem Beschwerdeführer aufgrund seiner Akten und seines biographischen Interesses, die ihn betreffende kindesschutzrechtliche Verfügung der damaligen Vormundschaftsbehörde aufzuarbeiten, nicht abgesprochen werden.
2.2. Mit seiner Beschwerde verlangt der Beschwerdeführer die Feststellung der Widerrechtlichkeit der Verfügung der Vormundschaftsbehörde vom 26.10.1981, mit der diese der Unterbringung des Beschwerdeführers im Schulheim Klosterfiechten zugestimmt hat. Er verlangt deren Nichtigerklärung.
2.2.1. Die streitgegenständliche Verfügung der Vormundschaftsbehörde ist in Rechtskraft erwachsen, soweit sie nicht als nichtig erscheint. Nichtigen Verfügungen geht jede Verbindlichkeit und Rechtswirksamkeit ab. Die Nichtigkeit ist jederzeit und von sämtlichen staatlichen Instanzen von Amtes wegen zu beachten. Eine Verfügung ist nichtig, wenn sie einen besonders schweren und offensichtlichen oder zumindest leicht erkennbaren Mangel aufweist und die Nichtigkeit die Rechtssicherheit nicht ernsthaft gefährdet. Inhaltliche Mängel haben nur in seltenen Ausnahmefällen und nur bei ausserordentlicher Schwere Nichtigkeit zur Folge. Als Nichtigkeitsgründe kommen hauptsächlich funktionelle und sachliche Unzuständigkeit der entsprechenden Behörde sowie krasse Verfahrensfehler in Betracht.
2.2.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, die auf § 43 VBG abgestützte Verfügung vom 26.10.1981 sei nicht korrekt. Seine Eltern hätten keinen Antrag gestellt und die Vereinbarung mit ihnen könne nicht als Antrag verstanden werden. Sinngemäss bringt der Beschwerdeführer damit vor, dass die Vormundschaftsbehörde nicht zuständig gewesen sei, die Verfügung vom 26.10.1981 zu erlassen. Darin kann dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden. Aus der Vereinbarung vom 28.09.1981 geht zwar hervor, dass die Behörde bei der weiteren Platzierung des Beschwerdeführers nach seinem Austritt aus dem Bürgerlichen Waisenhaus die Initiative innegehabt hat. (Hoppla!!! Sollte auf ein "zwar" nicht ein "aber" oder "jedoch" "doch", folgen?).Dies geht bereits aus deren Wortlaut hervor, wonach "die Eltern […] selber […] Kenntnis nehmen, dass eine Rückkehr des Beschwerdeführers in die Familie vor dem Abschluss der obligatorischen Schulzeit nicht in Frage komme". Es findet sich in den Akten auch darin weiteren Ausdruck, dass der Inhalt der Vereinbarung bereits zuvor an einer Helferkonferenz ohne Teilnahme der Familie besprochen worden ist. Weiter wurde den Eltern in der Vereinbarung vom 28.09.1981 bei einer Herausnahme ihres Sohnes aus dem Schulheim ein Unterbringungsentscheid des Jugendrates in Aussicht gestellt. Gleichwohl haben die Eltern aber vor diesem Hintergrund die Vereinbarung unterzeichnet und damit einen fürsorgerischen Unterbringungsentscheid des Jugendrates gemäss § 44 VBG vermieden. Den Akten kann auch entnommen werden, dass sich die Eltern als nicht mehr in der Lage erklärt haben, ihren Sohn aus eigenen Kräften zu erziehen (Schreiben des Jugendamts vom 30.09.1981). Daraus folgt die Zuständigkeit der Vormundschaftsbehörde gemäss § 43 VBG. Es kann daher nicht von einer Verfügung ausgegangen werden, die zufolge offensichtlicher Unzuständigkeit der verfügenden Behörde nichtig ist.
Kommentar: Ich selbst kann der Auslegung im ersten Satz (2.2.2.) auch nicht folgen. Ich sagte, dass § 43 VBG nur auf Begehren der Eltern anwendbar war. Ein solches liegt nicht vor. Die Behörden hatten durchaus Möglichkeiten eine Unterbringung durch Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrecht gehabt, aber jede dieser Massnahmen wäre daran gescheitert weil die Eltern nicht wirklich einverstanden waren und die Kinderpsychiatrie sowie ich, auch nicht. Dies ist Aktenkundig. So heisst es in einem Protokoll des Waisenhauses, dass die Eltern zwar zerstritten seien, sich aber dann wieder zusammenfinden um gegen die Behörden zu kämpfen. Man erlangte die Unterschrift durch drohen und nötigen. Es geht nicht um die Zuständigkeit der Behörde, sondern um die Auslegung und Anwendung von § 43 VBG. Im Urteil vom Verwaltungsgericht werden Tatsachen zwar benannt, begründet werden sie aber nicht. Es wurde dann ein Schreiben vom 30.09.1981, welches an den Jugendanwalt gerichtet war und dazu diente das Handeln der Behörden zu begründen gerichtet. Es gibt keine Aktennotiz oder Protokoll, welches ein Begehren der Eltern belegt. Fast alle angeblichen mündlichen Äusserungen von Drittpersonen sind nicht belegt. Alles Mündliche hätte protokolliert oder mit Aktennotizen festgehalten werden. Diese sind weitaus wichtiger für die Behörden ihr Handeln zu rechtfertigen, als darauf abgestützte Berichte, welche angebliche Aussagen von Drittpersonen wiedergeben.
2.2.3 Des Weiteren rügt der Rekurrent, dass ihm die Verfügung nicht eröffnet worden sei. Er bezieht sich dabei auf eine fürsorgerische Freiheitsentziehung und macht geltend, als 14-jähriger damals diesbezüglich urteilsfähig gewesen zu sein. Gemäss Art. 314a Abs. 2 ZGB in der damals geltenden Fassung war ein Kind, welches das 16. Altersjahr noch nicht zurückgelegt hatte, nicht selber zur gerichtlichen Anfechtung des Entscheides berechtigt. Daraus folgt, dass damals auch keine Grundlage für eine notwendige förmliche Eröffnung jener Verfügung bestanden hat. Belegt ist demgegenüber, dass dem Beschwerdeführer Inhalt des Entscheides zur Kenntnis gebracht worden ist (vgl. Brief des Sozialpädagogischen Dienstes vom 08.10.1981. Auch die Art der Eröffnung der Verfügung führt somit nicht zu deren Widerrechtlichkeit bzw. Nichtigkeit.
Kommentar: Gemäss Art. 314 Abs. 1 hätte ich von den Behörden angehört werden müssen. Ich hätte über meine Rechte aufgeklärt werden sollen. Das Gespräch hätte protokolliert werden müssen. Dies geschah nicht. Das Schreiben des Sozialarbeiters war nur bedrohlich.
§ 15 Abs. 3 VBG sagt: "Kinder im Sinne dieses Gesetzes sind Unmündige bis zum vollendeten 14. Lebensjahr. Jugendliche sind die älteren Unmündigen".
Art. 314a ZGB bezieht sich auf die Anrufung des Gerichtes nach Art. 397 lit. c ZGB.
2.2.4. Schliesslich muss in materieller Hinsicht festgestellt werden, dass aufgrund der erfolgten Einwilligung der Eltern in die Platzierung ihres Sohnes kein Eingriff in ihr Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teil der ihnen zukommenden Obhut über den Beschwerdeführer erfolgt ist. Darin unterscheidet sich denn auch der vorliegende Sachverhalt von jenem, den das Bundesgericht in seinem Entscheid BGE 121 III 306 zu beurteilen hatte, auf den der Beschwerdeführer verweist.
Kommentar: Sowohl die Vereinbarung als auch die Verfügung, letztere noch speziell, halten eine Einschränkung des Aufenthaltsbestimmungsrecht fest. Man drohte polizeiliche Fahndung, wenn die Eltern von ihrem Aufenthaltsbestimmungsrecht gebrauch machten. Das heisst, wenn sie, wie es formuliert wurde, das Kind aus dem Heim nähmen, was, wie schon erwähnt im Widerspruch zu § 43 VBG ist. Wozu brauchte es eine Androhung der Polizei, wenn die Unterbringung auf Begehren der Eltern geschah. Auch bei dieser Feststellung kann ich dem Gericht nicht folgen. Ein Polizeieinsatz konnte nämlich nur dann zum Einsatz kommen, wenn die Obhut nicht mehr bei den Eltern lag.
2.3. Daraus folgt, dass keine Anhaltspunkte bestehen, dass die streitgegenständliche Verfügung der Vormundschaftsbehörde vom 26.10.1981 als rechtswidrig bzw. nichtig angesehen werden könne. Die vom Beschwerdeführer eingereichten Aktenauszüge legen zwar nahe, dass sich die damals mit ihm befassten Behördenmitglieder offensichtlich von einem anderen Begriff des Kindeswohls haben leiten lassen, als er heute für das Handeln der Kindesschutzbehörden wegleitend erscheint. Dies wird bereits aus dem sprachlichen Umgang des mit dem Beschwerdeführer betrauten Mitarbeiters des sozialpädagogischen Dienstes deutlich, wie er in dessen Schreiben vom 08.10.1981 beredten Ausdruck findet. Auffällig ist auch, dass sich die Behörden der Einschätzung der Eignung einer neuerlichen Platzierung des Beschwerdeführers durch die Kinderpsychiatrische Universitätspoliklinik für Kinder und Jugendliche nicht angeschlossen haben. Ebenso klar ergibt sich aus der Akte aber der fachlich festgestellte Handlungsbedarf mit Bezug auf den Beschwerdeführer und dessen Familie. Zudem wird der Aufenthalt retrospektiv als wichtige Zeit gewertet (vgl. etwa Bericht PUPKKJ vom 03.05.1982. So gehen unter anderem Alkoholprobleme der Eltern, häusliche Gewalt, die 1980 begonnenen Brandstiftungen des Beschwerdeführers, seine erheblichen Schulprobleme, sein Suchtverhalten, handgreifliche Auseinandersetzung mit dem Vater und Selbstmorddrohungen aus den Akten hervor. Die formell rechtskräftige gewordene Verfügung der Vormundschaftsbehörde vom 26.10.1981 erscheint daher nicht als rechtswidrig bzw. nichtig.
Kommentar: Eine behördliche Verfügung untersteht gesetzlichen Richtlinien, sogenannten Mindestanforderungen. Diese wurden in der vorliegenden Verfügung nicht eingehalten.
Verfügungen bedürfen der Schriftform (Art. 34 Abs. 1 VwVG) und enthalten mindestens
- die Bezeichnung als Verfügung,
- den Namen der verfügenden Behörde,
- den Adressaten,
- die Begründung,
- das Dispositiv (Entscheid) mit der Rechtsmittelbelehrung sowie
- Ort, Datum und Unterschrift.
Die Verfügung hielt in Punkt drei fest, dass der Sozialarbeiter weiterhin die Aufsicht behielt. Warum? Die Vormundschaftsbehörde hätte höchstens einen Beistand nach Art. 308 ZGB ernennen können. Es wurde nie so etwas verfügt zu dieser Zeit. Auch hier fehlt eine Begründung. Hingegen geht aus einer Aktennotiz des Jugendamtes vom 08.07.1982 hervor:
" Aufsicht über Thomas ohne Beschluss(s/Schreiben der VB an Fam. Reinacher vom 26.100.81), Herr ..., SDS, Oberaufsicht RA."
Einige der erwähnten Unterlagen sind am Ende meines Blogeintrags aufgelistet. Link: Fuersorgerische Zwangsmassnahmen
Willkürliches Urteil des Verwaltungsgerichts Basel, Teil 2
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